Jede Schüler:in besitzt sein eigenes Tablet für den Unterricht und die notwendige Vor- und Nachbereitung – vielerorts ist das leider immer noch eine Utopie. Durch viele Eigeninitiativen und den Digitalpakt gibt es hier jedoch auch Möglichkeiten für Veränderungen.

Hat man diese Chance, dann sollte sie auch konsequent und in allen Fächern genutzt werden. Für den Mathematikunterricht hat das insbesondere auch Auswirkungen auf die dort verwendeten Werkzeuge.

Ein Beitrag von Dr. David Obst, Gymnasium Dresden-Pieschen
– MaLeNe-Koordinator Sachsen –

In Sachsen wird seit Jahren der grafikfähige Taschenrechner mit und ohne Computer-Algebra-System (CAS) genutzt. Seit dem Schuljahr 2021/2022 ist die CAS-Nutzung ab Klasse 8 sogar verpflichtend und mit dem Abitur 2026 wirksam.

An unserer Pilotschule werden ab Klassenstufe 8 alle Schüler:innen mit einem eigenen Leihgerät ausgestattet, welches ihnen durchgängig zur Verfügung steht. Damit fällt die Einführung eines CAS mit der 1:1-Ausstattung der Schüler:innen zusammen.

Für den Schulträger und die Schule muss die Auswahl des entsprechenden CAS, insbesondere bei der Nutzung als App auf dem Tablet, gut überlegt sein. Im Folgenden werden einige Faktoren vorgestellt, welche bei der Auswahl berücksichtigt werden sollten:

Funktionsumfang

Viele CAS haben einen großen, auf den ersten Blick nicht überschaubaren Funktionsumfang. Hier lohnt es sich eine, Aufstellung der Funktionen und Anwendungsfälle anhand des Lehrplanes zu identifizieren und sorgfältig zu vergleichen.

Unterstützungssysteme

Nicht selten ist eine so tiefgreifende Veränderung auch Anlass, die bisherig genutzten Anbieter und Produkte zu hinterfragen. Letztendlich müssen die Lehrkräfte vor Ort diese auch in die Praxis nutzen können und sind unter Umständen auf Unterstützung in diesem Prozess angewiesen.

Folgende Fragen könnte man sich hier stellen:

• Gibt es Fortbildungsangebote durch das Landesinstitut oder andere Anbieter?
• Bietet der Hersteller/Anbieter ein Unterstützungssystem an?
• Gibt es Schulen in der Umgebung, mit denen man sich vernetzen und gegenseitig unterstützen kann?
• Handelt es sich um einen verbreiteten Anbieter, so dass eine Konstanz in der Entwicklung, eine breite Nutzerbasis und Hilfsangebote zur Verfügung stehen?
  
  

Bedienbarkeit

Die für Tablets verfügbaren CAS kommen aus ganz unterschiedlichen ursprünglichen Entwicklungen. Einige Anwendungen wurden als Abbild des physischen Taschenrechners entwickelt, andere aus ursprünglichen Web- oder Windows-Anwendungen übertragen.

Bei der Nutzung als App auf dem Tablet spielen allerdings oft Faktoren eine Rolle, welche man beim physischen Gerät oder anderen Anwendungsszenarien nur bedingt benötigt:

• Beherrscht die App den Splitscreen-Modus, um sie parallel mit anderen Anwendungen nutzen zu können?
• Wird die Nutzung der physischen Tastatur unterstützt, um Befehle schnell und anwenderfreundlich eingeben zu können?
• Ist die Bedienung mit Touchscreen für die Schüler:innen einfach und eingängig?
• Ist ein Export und Import von Daten (z. B. Tabellen) aus anderen Apps möglich?
• Können vorhandene Messwerterfassungssysteme weiter genutzt werden?

Kosten

Letztendlich spielen auch finanzielle Abwägung bei einer Entscheidung immer eine Rolle, auch wenn sie die pädagogische Entscheidung (hoffentlich) nicht maßgeblich beeinflussen sollten.

So spielen möglicherweise folgende Fragen bei der Auswahl eine wichtige Rolle:

• Jahreslizenz, einmaliger Kauf oder Abo-Modell?
• Wie werden die finanziellen Mittel bisher eingeplant (einmalige Anschaffung Taschenrechner) und ist dies auf die App-Anschaffung übertragbar?

Lizenzmanagement

Für die technische und organisatorische Umsetzung der Entscheidung beim 1:1-Einsatz in der Schule spielen zwangsläufig auch Fragen des Lizenzmanagements eine Rolle, um die App letztendlich an die Lernenden verteilen zu können:

• Anschaffung durch die Schule/Schulträger oder individuell durch die Schüler:innen?
• Müssen die Lernenden Nutzerkonten anlegen und wenn ja, mit welchen Bedingungen und Hürden ist dies verbunden?
• Können Nutzerkonten und die zugeordneten Lizenzen zentral verwaltet und angelegt werden?

Technische Fragen

Die Auswahl der konkreten App wird immer in einem Spannungsfeld und Diskurs aus pädagogischen, finanziellen und technischen Aspekten erfolgen. Während viele Fragen für die Nutzung für einzelne „Normalnutzer“ keine Rolle spielen, sind diese für ein 1:1-Setting mit mehreren hunderten Geräten mitunter ein entscheidender Faktor.

• Wie gut sind die technischen Anforderungen dokumentiert (benutzte Ports und Protokolle)?
• Ist die Anwendung online und offline nutzbar?
• Können Konfigurationsdetails über ein Mobile Device Management der App mitgegeben werden?
• Wie stabil läuft die App auf dem Tablet-Modell?
• Ist ein Prüfungsmodus erforderlich und unterstützt die App einen solchen?

Rechtliche Rahmenbedingungen

Abhängig vom jeweiligen Bundesland gibt es möglicherweise Einschränkungen hinsichtlich der zugelassenen Anwendungen, welche es zu beachten gilt:

• Ist ein Prüfungsmodus erforderlich und wenn ja, wie muss dieser aussehen?
• Gibt es eine Liste von zertifizierten oder geprüften Modellen oder Anwendungen, nach der man sich richten muss?

Ein kleines Fazit

Wir nutzen nun bereits im zweiten Jahr Tablets in der 1:1-Ausstattung unserer Schüler:innen ab der Klassenstufe 8 und haben viele dieser Fragen und Aspekte in einem langen Diskurs und nicht selten durch Trial-and-Error gesammelt.

Sie haben andere Erfahrungen gemacht oder würden die oben angerissenen Aspekte gern erweitern? Dann lassen Sie uns dies gern wissen!

Über einen Erfahrungsaustausch zu dieser Thematik im Forum oder auch individuell würden wir uns freuen.

Forum

Dieser Beitrag kann hier diskutiert werden:
https://mathematik-lehr-netzwerk.de/community/blogb/einsatz-von-tablets-im-mathematikunterricht-aber-konsequent/