Digitalisierung im Mathematikunterricht

Die Corona-Krise hat uns weiter fest im Griff und zwingt uns gegenwärtig und vermutlich auch noch für geraume Zeit, Unterrichtstrukturen neu zu denken und zu gestalten. Mit Beginn des Lockdowns an den Niedersächsischen Schulen wurde offenbar, dass die digitalen Kompetenzen, die notwendig sind, um in der gegenwärtigen Krise didaktisch angemessen handeln zu können, unter den Kolleginnen und Kollegen mit einer sehr großen Bandbreite ausgeprägt sind. Dies gilt für alle Unterrichtsfächer, so auch für das Fach Mathematik.

Ein Kommentar von Ralf Hoheisel, Berufsbildende Schule ME Hannover
– MaLeNe-Koordinator Niedersachsen –



Diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die eine fachrichtungsbedingte Affinität zu EDV und IT und die entsprechende private Ausstattung haben, hatten deutlich weniger Schwierigkeiten, mit der Situation umzugehen, als andere, aber auch sie waren von der Qualität der zur Verfügung stehenden digitalen Infrastruktur, insbesondere der Netzwerkanbindung der Schulen abhängig.

Setzen wir mal voraus, dass die folgenden technisch-sächlichen Voraussetzungen gegeben sind:

  • Die Schulen verfügen flächendeckend über eine Breitbandanbindung und alle Schülerinnen und Schülern einen drahtlosen Zugang ins Schulnetz und ins Internet.
  • Alle Schülerinnen und Schüler verfügen über eigene digitale Endgeräte (alternativ Leihgeräte) – zusätzlich zu ihren vorhandenen Smartphones – mit der notwenigen Software, insbesondere auch digitaler Mathematikwerkzeuge.
  • Alle datenschutzrechtlichen Fragen sind geklärt.
  • Setzen wir ferner voraus, dass die Kolleginnen und Kollegen im Umgang mit Hard- und Software entsprechend qualifiziert sind.

Dann könnte man Mathematikunterricht beispielsweise folgendermaßen realisieren:

Die Unterrichtsdokumentation (früher Tafelbild) erfolgt per Stift auf dem Lehrer-PC durch Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte und bleibt damit dauerhaft zum Nachschlagen erhalten. Die Schülerinnen und Schüler dokumentieren zusätzlich ihre eigenen Rechnungen und Übungen. Hierzu gibt es Tools, die eine kollaborative Zusammenarbeit zwischen Lehrenden und Lernenden sowie den Lernenden untereinander ermöglichen, allen voran OneNote, hier insbesondere das Kursnotizbuch. Kollaborative Tools ohne Stifteingabe unter Verwendung von Tastatur und Formeleditor sind hingegen wenig praxistauglich. In die Unterrichtsdokumentation sind mindestens die Screenshots der verwendeten digitalen Mathematikwerkzeuge zu integrieren, besser wäre hier die Möglichkeit der Einbettung von interaktiven Inhalten, die über die dann zur Verfügung stehende Varianz einen stärkeren Erkenntnisgewinn ermöglichen.

Für Übungsphasen und Phasen der Leistungsbewertung stehen Tools zu Verfügung, die es Lehrkräften ermöglichen, Aufgaben aus Aufgabenpools zusammenzustellen, adressatengerecht zu verteilen und automatisiert auswerten zu lassen (Bettermarks, Khan-Academy, …).

In regelmäßigen didaktisch sinnvollen Zeitintervallen sollten Schülerinnen und Schüler ein digitalisiertes Feedback zu ihrem Lernstand abgeben, aus denen Lehrkräfte Schlüsse über den erreichten Grad des Kompetenzerwerbs ziehen und damit die Wirksamkeit des Unterrichts einschätzen können.

Idealerweise lassen sich die oben genannten Aspekte in ein Lern-Management-System integrieren, so dass auf den Einsatz einer Vielzahl nebeneinanderstehender Apps verzichtet werden kann. Wünschenswert wäre hier die Einigung auf ein System, mindestens innerhalb eines Bundeslandes, um schulübergreifende Zusammenarbeit zu ermöglichen.

Zurzeit gibt es wohl noch kein System, das den oben genannten Anforderungen voll entspricht, insbesondere die Funktionalität kollaborativer Zusammenarbeit ist in den vorhandenen LMS nur eingeschränkt vorhanden, jedoch gibt es etablierte Systeme, die dem schon nahekommen (z.B. Moodle). Es wäre Aufgabe der Kultusministerien der Länder, die Erweiterung bestehender Systeme dahingehend zu initiieren. In ländereigene Lösungen zu investieren, ist ein aufwendiges und kostenintensives Unterfangen und lässt sich gegenwärtig zumindest für die NBC (Niedersächsische Bildungs-Cloud) schwerlich als Erfolg bezeichnen, da sie hinter den selbst gesteckten Erwartungen weit zurückbleibt.

Im Übrigen solle man nicht meinen, dass die Digitalisierung als Bestandteil des Unterrichts nach der Coronakrise schon wieder verschwände, das wird sicher nicht der Fall sein. Die Pandemie legt hier nur den Finger in die Wunde und offenbart die Ignoranz, mit der man dieser Thematik angesichts der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnisse des 21. Jahrhunderts begegnet.


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